, Zu Hause 1

Um 6.00 Uhr klingelt der Wecker. Ich stehe auf. Gehe ins Bad. Wasche mich. Josef ist wach. Ich höre ihn. Seine laute Atmung. Dazu rauscht die Inhalette. Ich gehe ins Wohnzimmer. Josef liegt im Arm der Schwester. Herzfrequenz 131. Sauerstoffsättigung 98. Ich streichele seine schönen Locken.

Frage die Schwester nach der Nacht. Bis 4.30 Uhr schlief Josef ruhig. Jetzt am Morgen hatte Josef sehr viel zähes Sekret. Vitalwerte im Normbereich. Temperatur 36,9. Gut, sage ich. Gut. Ich gehe in die Küche. Setze Wasser auf. Für Tee und Kaffee. Decke den Frühstückstisch.

Klara kommt. Sie ist müde. Setzt sich auf ihren Stuhl. Isst ihre Cornflakes. Uli kommt. Ich gehe ins Wohnzimmer. Nehme Josef. Die Schwester spült die Inhalette aus. Verabschiedet sich.

Klara geht los. Los in die Schule. Uli winkt ihr nach. Bis er sie nicht mehr sieht. Josef schläft wieder ein. In meinem Arm. Ich lege ihn in sein Bett. Spüle die Absaugbehälter aus. Wechsele die Schläuche. Filter. Tausche die Ernährungsspritzen aus. Und die Spritzen für die Medikamente. Uli packt Kisten. Im Schlafzimmer. Ich fange im Wohnzimmer an.

Um 9.00 Uhr klingelt es. Die liebe Physiotherapeutin. Ich wecke Josef. Versuche es. Er wird nicht wach. Ich ziehe ihn vorsichtig aus. Dann begrüßt ihn die Physiotherapeutin. Sie ist ganz sanft mit ihm. Fühlt nach dem Sekret. Vibriert ganz leicht. Josef schläft. Tief und fest. Wir verabschieden uns. Ich umarme sie. Bin traurig. Traurig. Der Abschied wird immer spürbarer.

Um 10.00 Uhr klingelt es. Die Schwester. Josef wird wach. Ich nehme ihn aus seinem Bett. Küsse ihn. Die Schwester inhaliert Josef. Saugt ihn ab. Ich lege Josef über meine Knie. Helfe ihm beim Atmen. Setze ihn in seinen Therapiestuhl. Gebe ihm seinen Morgenbrei. Tee. Medikamente. Dann überlasse ich Josef der Schwester. Packe Kisten. Kiste um Kiste.

Um 12.00 Uhr klingelt es. Die liebe Logopädin. Sie bereitet alles vor. Nimmt Josef in den Arm. Ich setze mich zu ihr. Sie berührt seine Arme und Beine. Arbeitet sich bis zu seinem Gesicht vor. Josef ist aufmerksam. Er dreht seinen Kopf. Nach rechts. Hat er auf den Reiz reagiert? Josef, mein Josef. Hast du? Oder war es Zufall? Oder ein Krampf?

Ich nehme Josef. Küsse ihn. Verabschiede die liebe Logopädin. Umarme sie. Zum Abschied. Abschied. Abschied. Ich halte Josef in meinem Arm. Bis er eingeschlafen ist. Lege ihn in sein Bett. Herzfrequenz 130. Sauerstoffsättigung 98. Die Schwester misst seine Temperatur. 37,4. Einatmen und Ausatmen.

Das Telefon klingelt. Die Schwester vom SAPV-Team. Fragt. Wie es Josef geht. Uns geht. Uli spricht mit ihr. Sagt, momentan geht es gut. Dann gibt sie uns eine Telefonnummer. Von einer Logopädin. Für Josef. Nach dem Umzug. Uli bedankt sich. Legt auf. Ruft dort an. Vereinbart einen Termin. Für den 11.2. um 9.00 Uhr im Kinderhospiz.

Dann packen wir. Kiste um Kiste. Josef wird wach. Die Schwester inhaliert Josef. Saugt Josef ab. Setzt Josef in den Therapiestuhl. Ich gebe ihm seinen Brei. Tee. Und Medikamente. Küsse ihn. Halte seine rechte Hand. Seine Hand. Die immer nach oben und unten geht. Leicht zittert. Manchmal.

Uli und ich gehen los. In den Hort. Klara abholen. Wir reden nicht viel. Auf dem Weg. Klara ist glücklich. Strahlt. Sie hat den Mie mitbekommen. Darf ihn behalten. Die ganze Woche. Wie schön, denke ich. Wie gut. Zum Abschied den Mie haben zu dürfen. Klara hüpft und springt. Auf dem Weg. Wir gehen vorn entlang. An der Straße. Den kürzeren Weg.

Zu Hause. Gibt es Tee und Kaffee. Kakao für Klara. Josef ist wach. Ich nehme ihn. Spüre seine Wärme. Seine Körperspannung. Josef ist ganz da. Bei uns. Wach und da. Wir verabschieden die Schwester. Uli deckt den Tisch.

Zusammen essen wir Abendbrot. Josef wird unruhig. Streckt sich. Dreht seinen Kopf zur Seite. Seine Augen sind weit offen. Ich lege ihn auf meine Knie. Versuche ihn zu mitten. Küsse ihn. Das hilft nicht. Warum hilft das Küssen nicht? Warum? Warum? Warum?

Ich gebe Josef ein Schmerzmedikament. Massiere seinen Bauch. Gebe ihm ein Zäpfchen. Lasse Luft aus seinem Bauchschlauch. Messe seine Temperatur. 39.5. Ziehe Josef aus. Seine Beine sind kalt. Keine Wadenwickel, denke ich. Keine Wickel. Ich lege ihm einen feuchten Lappen in den Nacken. Langsam beruhigt sich Josef.

Uli und Klara schauen Kinderfernsehen. Uli bringt Klara mit ihrem Mie ins Bett. Liest ihr vor. Macht das Hörspiel an. Josef schläft ein. Langsam. Ich lege ihn in sein Bett. Temperatur 38,5.

Um 21.30 Uhr klingelt es. Die Schwester. Um 23.00 Uhr. Temperatur 37,5. Ich gehe ins Bett. Schlafe. Unruhig.

Zuletzt aktualisiert am: 29.12.2020


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