, Krankenhaus

Endlose Fahrt im Krankentransport. Der Krankenpfleger gratuliert mir zur Geburt. Könnte schreien, sage aber höflich: Danke. Nicht reden. Bitte. Nicht reden. Schließe die Augen ganz fest. Bin im Nirgendwo irgendwo.

Ankommen in der Klinik. Uli da. Fahrstuhl fahren. Wochenbettstation. Nacht. Kann nicht laufen vor Schmerzen. Ein Zimmer zugewiesen bekommen. Hier, Ihr Bett. Bekomme Schmerzmittel.

Zu unserem Josef wollen wir. Warten auf einen Krankenpfleger. Mit dem Rollstuhl soll er mich fahren. Der Pfleger ist da. Endlose Fahrt: Fahrstuhl, Gänge, Fahrstuhl, Gänge … verschlossene Schleusentür. Dort steht: Neonatologie. Intensivstation für Frühgeborene und kranke Neugeborene. Eine Bronzefigur neben der Tür. Eine Frau mit einem Baby im Arm.

Klingeln. Die Tür geht auf. Endloser Gang. Rechts rum. Hände waschen. Desinfektion. Krankenschwestern in blauer Kleidung mit Mundschutz. Zu Josef gefahren. So viele Menschen. Überall Kabel. Monitore. Licht. Angst.

Ich kann ihn nicht sehen. Nicht richtig sehen. Darf ihn nicht berühren. Nicht anfassen. Die Ärztin. Ich frage, ihm geht es doch gut jetzt? Hier? Nein. Es geht ihm nicht gut. Überhaupt nicht.

Sie erklärt. Ich verstehe nichts. Nur, es geht um Leben und Tod. Momentan ist er fast tot. Möchte doch nur, dass er lebt. Egal. Auch wenn er schwer behindert ist. Ich möchte, dass er lebt. Josef, lebe. Bitte.

Zurück. Gänge. Leere. Schmerz. Es wird hell. Der Tag beginnt. Uli fährt zu Klara. Ich pumpe Milch ab. Pumpe ab. Das Einzige, was ich machen kann. Allein. Zum Glück spricht meine Zimmernachbarin kein Deutsch. Nicht reden. Nicht reden. Bitte.

Wach. Die ganze Zeit wach. Ich pumpe Milch ab. Frage die Krankenschwester nach Josef. Sie ruft auf der Neonatologie an. Ich kann nicht zu ihm. Ihm geht es sehr schlecht. Rufe Uli an. Ist gerade zu Hause. Kein Schlaf.

Ich sage: Ich glaube, Josef stirbt. Er sagt: Ich komme. Ich komme. Klara bleibt bei unserer Freundin. Klara. Bleibt zu Hause.

Uli da. So schnell. Die Krankenschwester bringt Frühstück. Kann nicht essen. Uli legt sich zu mir. Schlaf. Kurz. So erschöpft.

Am Nachmittag dürfen wir zu Josef. Lange Gänge. Ewigkeiten. Die Ärztin. Immer noch da. Der Arzt erklärt. Josef lebt nur, weil alles gemacht wird. Ich begrüße Josef. Endlich. Du bist da, Josef. So schön, dass du da bist. Mein Sohn. Du bist da. Und wir sind auch da. Nur Klara ist woanders.

Nicht viel Zeit mit Josef. Keine Berührung. Überall Kabel. Schläuche. Morphin. Er wird gekühlt. Auf 33°C. 72 Stunden. Damit nicht noch mehr Zellen absterben. Im Gehirn. Dann könne man sehen. Vielleicht. Oder eher nicht?

Wir dürfen nicht lange bleiben. Josef ist nicht stabil. Zwischen Leben und Tod. Eher Tod.

Auf der Wochenbettstation. Schmerz. Milch abpumpen. Milch abpumpen. Klara bleibt bei unserer Freundin. Morgen keine Schule. Uli fährt nach Hause. Spät in der Nacht. Informiert seine Eltern: Bitte kommt und passt auf Klara auf, wenn wir bei Josef in der Klinik sind. Bitte.

Zuletzt aktualisiert am: 24.12.2019


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