, Zu Hause 2

Der Wecker klingelt um 7.00 Uhr. Karfreitag. Ich stehe auf. Gehe ins Bad. Wasche mich. Ich gehe in die Wohnküche. Setze Wasser auf. Für Tee und Kaffee. Gehe in Josefs Zimmer. Josef schläft. Mein Josef. Herzfrequenz 120. Sauerstoffsättigung 95. Alles gut, denke ich. Alles gut.

Ich fühle mich leichter. Josef schlief fast durch, sagt die Schwester. Kein Fieber. Keine Krämpfe. Gut, sage ich. Gut. Die Schwester geht. Hat alles schon aufgeräumt.

Ich stelle mich zu Josef. An sein Bett. Streichele seinen Kopf. Seinen schönen Lockenkopf. Küsse ihn. Überstanden, denke ich. Du hast es überstanden, mein Josef. Vielleicht. Uli kommt zu uns. Wir setzen uns auf das Sofa. Trinken Tee und Kaffee. Draußen scheint die Sonne. Ein wenig. Frühling. Einatmen und Ausatmen.

Josef wird wach. Inhalieren. Absaugen. Ich ziehe Josef vorsichtig um. Setze ihn in seinen Therapiestuhl. Mütze auf seinen Kopf. Eingekuschelt. Stelle ich ihn an das offene Fenster. Frischlufttherapie.

Wie schnell wir uns wieder im alten Modus befinden. Nach einer Krise. Wie wir uns daran gewöhnen. An dieses Leben im Extremen. Es zu uns gehört. Außerhalb jeglicher Normalität. Und doch finden wir uns ein. Fühlt sich das Extreme normal an. Die ständige Auseinandersetzung mit dem Sterben. Wir können nicht die Augen verschließen. Davor. Zu offensichtlich.

Das Sterben. Ist bei uns. Zu Gast. Das Sterben. Dazwischen ist das Leben. Einatmen und Ausatmen.

Wir frühstücken. Josef sitzt bei uns im Therapiestuhl. Bekommt Brei. Tee. Medikamente. Das Telefon klingelt. Das SAPV-Team. Uli spricht. Sagt. Besser. Wir gehen jetzt spazieren. Melden uns, wenn. Ja, sagt die Schwester. Ja.

Ich ziehe Josef an. Ganz vorsichtig. Trage ihn die Treppe hinunter. Lege ihn in den Kinderwagen. Decke ihn zu. Tee, Brei und Medikamente haben wir dabei. Die Absauge auch. Katheter. Spritzen. Wir gehen los. Laufen und laufen. Meine Augen sind immer bei Josef. Josef wird abgesaugt. Bekommt Tee. Medikamente. Zwischendurch.

Ein Café hat auf. In dem Park. Wir wagen es. Setzen uns. Viele Menschen sind unterwegs. An diesem Karfreitag. Wir trinken Kaffee. Uli isst eine Bratwurst. Kuchen für mich. Ich nehme Josef aus seinem Kinderwagen. Halte ihn. Küsse ihn. Sauge das Sekret ab. Dann lege ich ihn wieder in den Kinderwagen. Kuschele ihn ein.

Wir gehen los. Durch die Gartenanlage. Nach Hause. Josef ist wieder eingeschlafen.

Zu Hause. Ich lege ihn auf das Sofa. Uli und ich. Wir reden. Ein wenig. Bereiten den Empfang für Klara vor. Mit Luftballons. Wie sehr wir uns auf sie freuen. Auf Klara. Dann sind wir endlich wieder zusammen. Josef wird inhaliert. Abgesaugt. Tee. Medikamente.

Wir essen zusammen Abendbrot. Ich ziehe Josef vorsichtig aus. Uli lässt die Wanne ein. Josef wird gebadet. Genießt es. Oder nicht? Er ist etwas angespannt. Ich nehme ihn aus dem Wasser. Trockne Josef vorsichtig ab. Küsse ihn. Seine Hände. Seine Füße. Seinen Bauch. Seine Brust. Sie verändert sich. Seine Brust. Wölbt sich nach innen. Seine linke Hand geht nach innen. Seine Füße streckt Josef. Ich küsse ihn. Ich öle Josef ein. Ziehe ihn an. Wir schauen fern.

Um 21.30 Uhr klingelt es. Die Schwester. Ich lege Josef in sein Bett. Herzfrequenz 100. Sauerstoffsättigung 90. Die Schwester inhaliert Josef. Saugt ihn ab. Lagert ihn. Bis die Sauerstoffsättigung bei 94 ist. Wir erzählen mit der Schwester. Kennen uns aus dem Kinderhospiz. Es ist vertraut und schön. Dann gehen wir ins Bett. Schlafen.

Zuletzt aktualisiert am: 29.03.2021


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